Reformen versprach der frisch gewählte Präsident Wolfgang Gotschke im Wahlkampf. Nach 20 Tagen Einarbeitungszeit spricht der neue starke Mann an der ÖTTV-Spitze im Vorfeld der Olympischen Spiele mit ÖTTV-Medienchef Miguel Daxner über sein Vorhaben und seine Ziele.
Derzeit steht bei Ihnen die Einarbeitung in die Materie und sportlich natürlich Olympia im Fokus. Was erhoffen Sie sich vom ÖTTV-Septett mit Sofia Polcanova, Liu Jia, Liu Yuan, Karoline Mischek, Stefan Fegerl, Robert Gardos und Daniel Habesohn von 24. Juli bis 6. August in Tokio?
Wolfgang Gotschke: „Für mich ist es bereits eine außergewöhnliche Leistung, dass sich sieben Sportler/innen in dieser Weltsportart mit 226 Mitgliedsverbänden für die Olympischen Spiele qualifizieren konnten. Hier ist ja nur die Crème de la Crème am Start. Wir haben in allen Bewerben Chancen auf das Achtelfinale. Dann kommt es natürlich auf die Auslosung an, somit könnten wir in allen Bewerben auch eine Medaille erobern.“
Nach Olympia will das neue Präsidium beginnen, den Verband zu reformieren. Welche Aufgaben stehen hierbei im Vordergrund?
„In sportlicher Hinsicht soll es einen klaren Fokus auf den Nachwuchs geben. Einerseits müssen mehr Talente zum Tischtennis gebracht werden, andererseits müssen die Landesverbände – hier wird hervorragende Arbeit geleistet – bei der Ausbildung ihrer Talente bestmöglich vom ÖTTV unterstützt werden.“
Sie sprechen von Strukturänderungen. Welche Ideen möchten Sie einbringen und wie wird der Verband Ihrer Meinung nach aussehen?
„Wir müssen aus den Fehlern der Vergangenheit – wie etwa die notwendig gewordenen Förderungsrückzahlungen an das Ministerium – lernen. Deshalb müssen wir den ÖTTV als Verband zukünftig organisatorisch neu ausrichten. Aus meiner Sicht müssen professionelle Verbände – und diesen Anspruch muss der ÖTTV haben – zukünftig von einem hauptamtlichen Vorstand geleitet und von einem ehrenamtlichen Kontrollorgan beaufsichtigt werden. Das heißt, es muss eine klare Trennung zwischen ehrenamtlich und hauptamtlich tätigen Personen mit einer klaren Zuordnung der finanziellen Verantwortlichkeiten geben.“
Ein Aushängeschild ist die Bundesliga. Welche Schritte müssen hier erfolgen?
„In diesem Zusammenhang arbeite ich mit dem Vizepräsidenten Hubert Dobrounig, er ist ein absoluter Medienexperte, an einem ganzheitlichen Konzept für den ÖTTV und die Bundesliga. Unsere Vision bestünde darin, die Liga fix in die Sportübertragungen des ORF mit einem fixen Sendeplatz und entsprechenden Werbemöglichkeiten für die Vereine zu integrieren. Weiters muss die Übertragung an sich – mit kürzerer Sendelänge von maximal zwei Stunden – attraktiver werden.“
Der Internet-Auftritt des ÖTTV wird pro Monat millionenfach geklickt. Aber die Verbindung mit der Bundesligaseite und die Darstellung auf Smartphones lassen Wünsche offen. Was soll hier verbessert werden?
„Wir müssen auch den öffentlichen Auftritt des Verbandes modernisieren. Die Homepages von ÖTTV und Bundesliga müssen überarbeitet, trendiger und für junges Klientel attraktiv werden.“
Auch im Nachwuchs schweben Ihnen Verbesserungen vor. Wie können diese aussehen und welche Rolle kann hier der zweifache Europameister Stefan Fegerl übernehmen?
„Zunächst möchte ich festhalten, dass es mich besonders stolz macht, dass sich Stefan Fegerl als absoluter Weltklassesportler – er war Champions League-Sieger, Europameister und mehrfacher Olympia-Teilnehmer – in seinen jungen Jahren als ehrenamtlicher Funktionär einbringen wird. Wie bereits beschrieben ist uns die Zusammenarbeit mit den Landesverbänden sehr wichtig. Es soll ein österreichweit einheitliches Rahmentrainingskonzept vom Nachwuchs bis zur Allgemeinen Klasse entwickelt werden, um damit eine durchgehende einheitliche Strukturierung des Trainingsbetriebes umsetzen zu können. Es sollen die Kaderathlet/innen einer regelmäßigen sportmedizinischen Kontrolle unterzogen werden, um eine eventuelle gesundheitliche Gefährdung, Überbelastung oder Fehlfunktion vorzeitig zu erkennen und zeitgerecht gegenzusteuern. In enger Zusammenarbeit mit den Nationalteam- und Landestrainern soll eine spezielle Leistungsdiagnostik zur Bestimmung des jeweiligen Ist-Standes entwickelt werden. Die daraus resultierenden trainingsoptimierenden Maßnahmen sollen zur Leistungsverbesserung beitragen.“
Können Sie sich vorstellen auch Ex-Weltmeister Werner Schlager für den ÖTTV zu gewinnen?
„Ich hatte im Vorfeld der Wahl ein gutes und ausführliches Gespräch mit Werner Schlager, in dem er seine Bereitschaft bekundet hatte, sich als Berater einbringen zu wollen – sofern der Verband das auch möchte.“
Sie sind Funktionärs-Quereinsteiger im ÖTTV, haben aber eine Tischtennis-Geschichte als Spieler, sind noch immer aktiv und waren immer ein aufmerksamer Beobachter der TT-Szene. Dazu haben Sie als Vorstand bei Leistungssport Austria enormen Einblick in das Sportgeschehen. Inwieweit können Sie diese Erfahrungen in den Verband einbringen?
„Durch meine beruflichen Funktionen im Sport hatte ich sehr viel Einblick in andere Sportverbände und weiß, in welchen Bereichen wir von den anderen lernen können, und in welchen Bereichen wir uns verbessern müssen. Weiters habe ich große Erfahrungen im Bereich von Change-Management-Prozessen im Sport gemacht, die es nun bei der Struktur-Reform im ÖTTV einzubringen gilt.“
Wie sehen Sie die Entwicklungen des Weltverbandes ITTF in Zusammenhang mit der WTT. Das Organisieren eines Weltturniers ist für europäische Verbände nahezu unmöglich geworden. Wie kann man dennoch hochwertige Austrian Open auf die Beine stellen und wie möchten Sie mit der WTT künftig zusammenarbeiten?
„Grundsätzlich wären wir als ÖTTV gerne bereit wieder die Austrian Open zu veranstalten. Diese Veranstaltung muss sich aber finanziell rechnen. Nach den derzeitigen, neuen Vorgaben der WTT ist es aktuell finanziell nicht stemmbar. Wir werden aber weiter verhandeln.“
Wie sollte Ihre Wunsch-Schlagzeile am Ende Ihrer (ersten) Amtszeit, also in zwei Jahren, lauten?
„Alles, was er vor der Wahl angekündigt hat, wurde auch umgesetzt.“