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Der eigentümergeführte Fußballklub als Chance für den österreichischen Fußball

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Das Thema „Investoren im Fußball“ ist für die meisten Fußballfans in Österreich oder auch Deutschland eine klare Angelegenheit. Sie werden abgelehnt. Doch welche Argumente sprechen für eigentümergeführte Klubs, und welche Chancen ergeben sich dadurch für Österreichs Fußball?

Ein Gastbeitrag von Raphael Landthaler, Teil 1

Fußball gehört den Fans, Fußball ist kein Spielplatz für Millionäre, Fußball ist Vielfalt und wird von Investoren zerstört. Der Investor nutzt den Fußball nur zum Geld verdienen, und wenn jemand mit dem „öffentlichen Gut“ Fußball Geld verdienen will, dann kann dies nichts Gutes bedeuten. Nicht nur Fans, sondern auch führende Vertreter von Klubs, haben sich kritisch geäußert. Investoren haben Renditeerwartung und legen kaum Wert auf Tradition und Werte, so die gängigen Vorbehalte, wenn es um die Frage „50+1“ geht.

„Ohne Wind, kann man nicht segeln“

Profifußball ist ein sehr kapitalintensives Geschäft. Quer durch Europa und in praktisch jeder Profiliga sehen wir eine sehr hohe Korrelation zwischen Umsatz und Erfolg. Geld schießt zwar keine Tore, ist aber die wesentliche Grundlage dafür. Umsatz ist wahrscheinlich sogar die einzige valide Kennzahl, an der man den Erfolg prognostizieren kann, und ein kritischer Erfolgsfaktor im Profifußball.

Geld schießt zwar keine Tore, ist aber die wesentliche Grundlage dafür. Umsatz ist wahrscheinlich sogar die einzige valide Kennzahl, an der man den Erfolg prognostizieren kann, und ein kritischer Erfolgsfaktor im Profifußball.

Raphael Landthaler

Acht Klubs in der ersten und zweiten Österreichischen Fußball-Bundesliga weisen per 30.6.2020 ein negatives Eigenkapital aus. Substanzielle Gewinne lassen sich praktisch nur durch die Teilnahme an einem Europäischen Wettbewerb sowie Transfererlöse erzielen. Dies liegt zum einem an den vergleichsweisen geringen TV-Erlösen und zum anderen im Wesen des Fußballgeschäftes: Nahezu alles Geld, welches erwirtschaftet wird, fließt wieder in den Sport. Mit der Aussage „Wir spielen nicht Fußball um Geld zu verdienen, sondern verdienen Geld um erfolgreich Fußball zu spielen“, bringt es BVB-Vorstand Aki Watzke auf den Punkt.

Die Frage, welchen Sinn ein Investment in den Fußball unter den gegebenen Rahmenbedingungen überhaupt macht, ist zunächst einmal auf Investorenseite zu stellen. Gerade in den letzten drei Jahren hatte ich mehrmals die Gelegenheit, dies mit Investoren und Klubeigentümern zu diskutieren. Reden wir hier von Mäzenatentum oder steckt ein „Business Case“ dahinter? In den USA ergibt sich aufgrund der Solidaritätsmechanismen und Salary Cap ein klares Geschäft, wobei hier jedenfalls erwähnt werden muss, dass dies auch oft in Verbindung mit dem gleichzeitigen Eigentum an den Stadien in Verbindung steht und keine Gefahr durch Abstieg gegeben ist, da es sich um geschlossene Ligen handelt.  

Vom Fan zum Eigentümer

Leyton Orient wird nur wenigen Lesern ein Begriff sein. Der Klub aus London wurde 1881 gegründet (zweitältester Fußballklub in London) und spielt aktuell in der vierthöchsten Liga, die in England noch immer als Profiliga zählt. 2017 war der Klub in die Amateurliga abgestiegen und stand beinahe vor dem Aus, als der Geschäftsmann Nigel Travis den Klub übernommen hat. Er ist ein sehr erfolgreicher Geschäftsmann, war CEO von Dunkin‘ Brands und seit Kindheitstagen Fan von Leyton Orient. 2019 konnte Leyton Orient wieder aufsteigen und ist zurück im Profifußball. Vor Corona hatte Leyton Orient einen Zuschauerschnitt von 5.500, also (auch vom Budget her) vergleichbar mit einigen Klubs in der Österreichischen Bundesliga.

Ob dies auch ohne das Engagement und dem damit verbundenen Millioneninvestment von Nigel Travis möglich gewesen wäre? Hätte Nigel auch sein eigenes Geld in einen Verein investiert, wo er nur für ein paar Jahre als Präsident von den Mitgliedern gewählt worden wäre?

Ich hatte diese Woche die Möglichkeit, mit ihm darüber zu sprechen. Nigel bezeichnet sich selbst als „Fan-Owner“, also ein Fan, der auch Eigentümer seines Klubs ist. Er weiß, dass es unglaublich wichtig ist, dass die Fans dem Klub treu bleiben und regelmäßige Kommunikation unerlässlich ist. Er hat auch einen regelmäßigen Dialog mit den Fangruppen und legt transparent seine Ziele dar. Hierbei hilft ihm die Erfahrung als erfolgreicher Geschäftsmann. „Ich versuche meine Erfahrung als Geschäftsmann mit meinem Herzen für Leyton Orient bestmöglich zu kombinieren.“ Genau diese Transparenz und Dialogbereitschaft sowie die eigene Leidenschaft bringen ihm viel Respekt entgegen. „Wir könnten keinen besseren Eigentümer als Nigel haben“, so einer der führenden Fanvertreter. Nigel betont aber beim Fandialog auch, dass er gerne zuhört und das Gespräch ernst nimmt, aber formal haben die Fans kein Mitspracherecht. Für ihn ist „Fanengagement“ ein wesentlichen Erfolgsfaktor und zieht gerne Parallelen zu seiner früheren beruflichen Tätigkeit als CEO von Dunkin‘ Brands: „ich hatte über 1.200 Franchisenehmer und es war unglaublich wichtig, diesen zuzuhören und ihre Sichtweise auf zahlreiche Themen zu verstehen. Genauso arbeite ich auch mit unseren Fans zusammen, da diese Leidenschaft unerlässlich für den Klub ist.“

Die meisten Eigentümer von Fußballklubs, die ich kennengelernt habe, nehmen sich jedoch kein Geld aus dem Klub, eher das Gegenteil ist oft der Fall. Ihr Interesse liegt einzig daran, Werte zu schaffen, und erfolgreich Fußball zu spielen.

Raphael Landthaler

Wo sieht Nigel die Unterschiede zwischen Eigentümer eines Klubs und gewählter Präsident? „Als Eigentümer denkt man viel langfristiger und ist rationaler bei den Entscheidungen, da es sich ja letztendlich um das eigene Geld handelt.“  Er betont aber auch, dass in England sehr viele schlechte Eigentümer ihre Klubs heruntergewirtschaftet haben. 2/3 der Klubs machen Verluste, und die Angst vor dem Abstieg ist groß. Somit befürwortet er auch alle Maßnahmen, die eine Kostenkontrolle ermöglichen. Die Idee, auch in den unteren Ligen ein Lizenzierungsverfahren einzuführen, findet er durchaus notwendig.

Doch ist Nigel nun Geschäftsmann oder Mäzen? Er weiß, dass er den Klub verkaufen kann, da Klubs einen gewissen Wert haben. Je erfolgreicher der Klub spielt, desto höher sein Wert. Und darum geht es letztendlich, denn Fans sehnen sich genauso nach Erfolgen, worauf sie stolz sein können.

Wenn wir von Investoren reden, dann denken einige sofort an Zinsen oder Renditen, die zurückzuzahlen sind. Die meisten Eigentümer von Fußballklubs, die ich kennengelernt habe, nehmen sich jedoch kein Geld aus dem Klub, eher das Gegenteil ist oft der Fall. Ihr Interesse liegt einzig daran, Werte zu schaffen, und erfolgreich Fußball zu spielen. Ein Fußballklub ist kein Zinshaus, sondern vielmehr ein Kulturgut. Je mehr Leute davon begeistert sind, desto höher sein Wert. Und für den Fall, dass man vielleicht mal in der Champions League spielt, kann man natürlich auch einen Teil des Gewinnes verwenden, um die getätigten Investitionen zurückzuzahlen, ohne die Substanz zu gefährden.

Tradition und Werte schützen

„Unsere Geschichte ist ein historisches Privileg“ – sagte Pedro Lopez (Vize-Präsident Real Madrid und ECA-Vice-Chairman) im Rahmen eines ECA-Boardmeetings, dem ich beiwohnte. Und damit traf er den Nagel auf dem Kopf. Gerade in Europa ist die Tradition eines Fußballklubs sein wichtigstes Gut. Jedem Fan ist dies klar und auch jedem rational handelnden Investor/Eigentümer wird dies klar sein. Eine Änderung des Vereinsnamens und somit der gesamten Identität wird viel zerstören, und es wird viel Geld, Erfolg und Geduld benötigen, um eine neue Marke im Fußball zu etablieren (siehe Red Bull). Gerade im angloamerikanischen Raum wird sehr viel Wert auf die „Marke“ gelegt, und deshalb ist es beispielsweise in England und in vielen anderen Ländern verboten, den Namen oder das Wappen eines Fußballklubs nach Belieben zu ändern.

Eine Regelung, die auch in Österreich sinnvoll wäre, denn niemand spielt gerne gegen den SC INTERWETTEN (Anm.: der SC Interwetten spielte zwischen 2001 und 2004 in der zweiten Liga und war aus dem SC Untersiebenbrunn hervorgegangen)

Klare Regeln für Investoren zum Schutz des Fußballs

Ich sehe mich keineswegs als jemand, der für einen ungezügelten Öffnung für Investoren im Fußball eintritt, aber ich spreche mich für klare Regeln zum Schutz und zur Förderung des Fußballs aus.

Gerade im angloamerikanischen Raum wird sehr viel Wert auf die „Marke“ gelegt, und deshalb ist es beispielsweise in England und in vielen anderen Ländern verboten, den Namen oder das Wappen eines Fußballklubs nach Belieben zu ändern. Nicht so in Österreich. Beispiel: SC Interwetten. (Foto: Gepa Pictures)

Das Modell des Mitgliedervereines mit mehreren Tausenden Mitgliedern ist natürlich schon alleine historisch betrachtet ein erstrebenswertes Ziel. In den Top10 der umsatzstärksten Europäischen Klubs finden sich mit Real Madrid, FC Barcelona und Bayern München gleich drei Mitgliedervereine auf den Plätzen 1-3 gefolgt von eigentümergeführten Klubs wie Manchester United, FC Liverpool, PSG, Tottenham und Juventus. Es ist jedoch festzuhalten, dass in Europas Profiligen nur rund 40% Mitgliedervereine sind, alle anderen haben Eigentümer.

Ist der Eigentümer der schlechtere Unternehmer als der gewählte Präsident?

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