Der Österreichische Tennisverband (ÖTV) fordert ein Handeln entgegen der aktuellen Tennishallen- und Infrastruktursituation in Österreichs Tennis. ÖTV-Präsident Martin Ohneberg nimmt diesbezüglich die Landes- und Bundespolitik in die Pflicht.
Sport-Austria-Präsident Hans Niessl hatte erst unlängst eine Infrastrukturmilliarde über fünf Jahre hinweg angeregt, um Österreichs Sport einen Schritt voranzubringen. Im österreichischen Tennissport besteht dabei Handlungsbedarf, denn der ÖTV schätzt die Tennishallen- und Infrastruktursituation mittlerweile in den meisten der Bundesländer als dramatisch ein.
Aus diesem Grund lud der Österreichische Tennisverband mit Präsident Martin Ohneberg und Geschäftsführer Wirtschaft Thomas Schweda im Vorfeld seiner Generalversammlung zu einem Pressegespräch. Gemeinsam mit allen neun Landesverbänden, vor Ort vertreten durch VTV-Präsident Wolfgang Hämmerle und TTV-Präsident Wolfgang Winklehner am Rednertisch sowie etwa durch Markus Pingitzer (BTV-Vizepräsident und -Generalsekretär), Günter Austerhuber (OÖTV-Vizepräsident), Gerald Hebein (KTV-Geschäftsführer) und Andreas Leber (STTV-Geschäftsführer) verkündete der ÖTV im Anschluss an das Pressegespräch, dass „Alarmstufe Rot in Österreichs Tennissport“ herrscht.
„Es ist zu befürchten, dass der Tennissport über kurz oder lang in vielen Bundesländern im Winter nicht mehr leistbar sein wird, durch die Verknappung der Hallenplätze und speziell auch durch die gestiegenen Energiekosten. Es haben dadurch immer weniger Hallen im Winter geöffnet. In fünf Bundesländern ist die Lage teilweise sehr dramatisch“, so ÖTV-Präsident Martin Ohneberg. „Wir als ÖTV müssen drauf schauen, dass der Tennissport nicht zur Halbjahressportart wird, weil er vor allem für Kinder und Jugendliche allmählich zu teuer ist. Und wenn der nachwachsende Markt nicht mehr Tennisspielen kann, dann wird dies früher oder später auch Auswirkungen auf den Spitzensport haben.“
Das Verbandsoberhaupt richtete daher einen Appell an die Politik: „Wir fordern die Landespolitik und ebenso die Bundespolitik, mit Sportminister Werner Kogler, eindringlich dazu auf, gemeinsam mit uns an den nötigen Rädchen zu drehen, damit die erwähnten Befürchtungen nicht eintreten.“
Ohneberg erinnerte in dem Zusammenhang daran, dass der Tennissport in Österreich jährlich eine Wertschöpfung von 680 Millionen Euro bringt, zudem 106 Millionen Euro Kostenreduktion für das heimische Gesundheitssystem, bereits abzüglich der 7,8 Millionen Euro Unfallkosten.
„Eine Investition ins Tennis ist also gleichzeitig eine Investition in die Wirtschaft und die Gesundheit der Bevölkerung“, so Ohneberg weiter: „Ich appelliere an die Politik, dass wir vor allem für den Nachwuchs Möglichkeiten schaffen, sodass der Tennissport im Winter weiterhin ausgeübt werden kann. Das ist ganz entscheidend. Denn wenn sich diesen nur noch die Leute leisten können, die bereit sind, 60 bis 70 Euro für eine Stunde Tennis zu zahlen, dann wird sich das für die Jugend schlichtweg nicht mehr ausgehen. Die Preise müssen erschwinglich bleiben.“
Weniger Tennisplätze trotz steigender Clubmitglieder
Vorarlberg beklagt ein Minus von sechs Hallen mit mehr als 13 Tennisplätzen seit dem Jahr 2004– alleine in den letzten fünf Jahren gingen zehn der Hallenplätze verloren. Parallel dazu konnte man im Februar erstmals die Schallmauer von 10.000 Clubmitgliedern übersprungen. VTV-Präsident Wolfgang Hämmerle: „Der Vorarlberger Tennisverband ist bereits seit Jahren in ständigem Kontakt mit dem Sportreferat des Landes Vorarlberg sowie der zuständigen Landesrätin Martina Rüscher. Die Zusammenarbeit ist durchwegs konstruktiv, die Problematik rund um die Hallen bekannt und wird fortlaufend adressiert. Der Erhalt der bestehenden Hallenplätze ist essenziell, um den Tennissport in Vorarlberg zukunftsfähig zu gestalten. Insbesondere in den Regionen Bregenzerwald, Walgau und Montafon ist es wichtig, Hallenplätze zur Verfügung zu stellen. Ohne ganzjährige Trainingsmöglichkeiten droht langfristig ein Rückgang des Leistungsniveaus, vor allem im Nachwuchsbereich.“
TTV-Präsident Wolfgang Winklehner: „Speziell im Tiroler Oberland (Bereich Landeck) ist die Situation hochprekär. Im Großraum Innsbruck sind schon erhebliche Defizite absehbar, erst recht nach dem Wegfall von vier weiteren Hallenplätzen 2023. Durchgehende Trainingsangebote für unsere junge Generation sind zunehmend schwerer verfügbar. Ohne Zutun wird sich diese negative Dynamik weiterhin verstärken. Der TTV hat 2023 Kontakt mit den verantwortlichen Stellen der Landesregierung aufgenommen, um entsprechendes Bewusstsein dafür zu schaffen. Aktuell forciert der TTV die Erarbeitung entsprechender Projekte, welche auch Sanierungen bestehender Anlagen beinhalten. Und auch wenn es durch optimierte Beläge und den Klimawandel mittlerweile möglich ist, die Freiluftsaison auf bis zu acht Monate auszudehnen, wiegt das den befürchteten, absehbaren Wegfall von Tennishallen bei weitem nicht auf. Diesen sehen wir als wesentlichen Bremsklotz für die weiterhin erfolgreiche Entwicklung des Tennissports in Tirol, bis hin zu deutlichen Einbrüchen in den nächsten Jahren.“
Das Extrembeispiel
Salzburg verzeichnete seit 2019 einen Anstieg der Mitgliederanzahl in den Vereinen von stolzen 26,9 Prozent (von 11.453 auf 14.535 – Stand Ende 2023). Zugleich ist das Angebot an Tennishallen jedoch in Summe rückläufig: Der Tiefpunkt war Ende 2021 mit 25 Anlagen und 68 Hallenplätzen erreicht worden, ein Minus von 42,4 Prozent Hallenplätzen seit 2004.
Auch in Kärnten und im Burgenland ist die Situation keineswegs zufriedenstellend. Während die Mitgliederzahlen weiterhin nach oben schnellen, sind die Hallenplätze etwa gleichgeblieben (Burgenland) oder gar rückläufig (Kärnten). Drastisch ist der Status quo zudem im Raum Klagenfurt, wo 17 Vereine mit insgesamt inzwischen nur noch 17 Hallenplätzen existieren und 2025 die nächsten zwei Courts verlorengehen dürften. Ähnlich wie in Salzburg sind auch im Burgenland Hallenplätze in erster Linie von privaten Investoren, Gönnern und Idealisten abhängig, „da das Errichten von Hallenplätzen ohne Unterstützung sonst mittlerweile kaum finanzierbar ist. Es wäre gut, wenn nicht alles in Vereinshand läge und von der Politik mehr kommen würde“, meint BTV-Generalsekretär Markus Pingitzer. „Die Hallensituation könnte besser sein.“
Leistungszentrum des ÖTV
„Wir befinden uns hierzu derzeit in sehr guten Gesprächen mit dem Bundesministerium für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport (BMKÖS) als auch mit dem Sportland Niederösterreich. Wir reden drüber, wie wir das bestehende ÖTV-Leistungszentrum Südstadt umbauen und modernisieren könnten, weil es am Ende des Tages natürlich das Ziel sein muss, dort auch Davis Cups und Billie Jean King Cups in einer Halle austragen zu können und zudem bessere Trainingsbedingungen bieten zu können als wir sie derzeit vorfinden“, verriet ÖTV-Präsident Ohneberg.
Ein Neubau soll zunächst auch zur Debatte gestanden haben, soll jedoch erst mal vom Tisch zu sein: „Das ist wohl unmöglich und finanziell nicht realistisch. Wir arbeiten daher mit allen Stakeholdern daran, dass wir in Bälde eine Lösung finden, aber das geht natürlich nicht von heute auf morgen. Wir haben ein Konzept vorgelegt, was wir uns wünschen – inklusive einer Platzanzahl. Das müssen sich jetzt die Bauplaner ansehen. Es gibt dabei die Möglichkeit, in die Tiefe zu gehen oder in die Höhe, doppelstöckige Tennishallen sind heutzutage schließlich auch möglich“, so Ohneberg.