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Ist der Eigentümer eines Klubs der schlechtere Unternehmer als der gewählte Präsident?

(c) Chaluk

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Das Thema „Investoren im Fußball“ ist für die meisten Fußballfans in Österreich oder auch Deutschland eine klare Angelegenheit. Sie werden abgelehnt. Doch welche Argumente sprechen für eigentümergeführte Klubs, und welche Chancen ergeben sich dadurch für Österreichs Fußball?

Ein Gastbeitrag von Raphael Landthaler, Teil 2

Es gibt einen breiten Konsens, dass der ehrenamtlich geführte Verein naturgemäß weniger professionell arbeitet wie ein Unternehmen bzw. dass professionelle Fußballklubs auch nicht von ehrenamtlichen Funktionären geführt werden können. Ein Eigentümer wird alles unterlassen, was seinem Vermögen Schaden zufügt. Ein gewählter Präsident kann jederzeit zurücktreten (siehe Barcelona). Gerade bei einem Mitgliederverein besteht die Gefahr, dass ein Präsident, der wiedergewählt werden möchte, die Balance verliert um den (kurzfristigen) sportlichen Erfolg herbeizuführen und somit unvernünftige – auf Emotionen basierte – Entscheidungen trifft. Der FC Barcelona ist das Paradebeispiel eines demokratisch strukturierten Vereines und sieht sich als gemeinnütziger Verein mit primärer sportlicher statt wirtschaftlicher Zielsetzung. Die Vereinsmitglieder entscheiden demokratisch, wer den Club leitet. Josep Maria Bartomeu wurde 2014 zum Präsidenten des FC Barcelona gewählt und ist ein sehr erfolgreicher Geschäftsmann. Ich kenne ihn persönlich von einigen ECA-Boardsitzungen und habe ihn als Strategen und Visionär schätzen gelernt. Über die Gründe der aktuellen Lage bzw. den zuvor stattfindenden Entwicklungen rund um Lionel Messi kann ich nur spekulieren, jedoch macht es auf mich den Anschein, dass „Barto“ die Wahl 2021 jedenfalls gewinnen wollte, und dies geht mit einer erfolgreichen Mannschaft rund um Messi einfacher als ohne. Ein Eigentümer von Barcelona hätte gemäß der kaufmännischen Logik folgend jedoch nicht derartig viel riskiert und 1,2 Milliarden Schulden angehäuft, von denen 700 Mio. kurzfristig zu tilgen sind.

Das jüngste Ergebnis der Präsidentenwahl brachte einen eindeutigen Sieger hervor: Joan Laporta setzte sich gegen zwei andere Kandidaten klar durch. Unter anderem versprach er den Fans, dass er alles unternehmen werde, um Leo Messi zu halten….

Internationale Tendenzen

In den letzten 20 Jahren wird immer öfter auch in den Wirtschaftsnachrichten über Geld, Macht und Reichtum im Fußball berichtet. Der russische Oligarch Roman Abramovic machte im Jahr 2003 mit seinem Engagement beim FC Chelsea den Anfang einer spektakulären Entwicklung, die die finanzielle Balance stark aus dem Gleichgewicht gebracht hat. Durch die Einführung des FFP (Financial Fair Play) der UEFA konnte dem Wettrüsten jedoch Einhalt geboten werden, auch wenn immer wieder Umgehungen festgestellt werden. Die jüngsten Entwicklungen gehen in die Richtung, dass mehrere Klubs unter einem (globalen) Dach zusammenarbeiten. Diese Konglomerate von Klubs oder „multi-ownership“-Strukturen sind nicht verboten, aber es darf nur ein Klub am internationalen Bewerb teilnehmen (RB Leipzig und FC Red Bull Salzburg werden als jeweils eigenständige Klubs angesehen und in beiden Ländern gilt die 50+1 Regel…).

„Die österreichische Lösung“

In Österreich sind gemäß dem Bundesliga-Statut nur gemeinnützige Vereine als Mitglieder erlaubt, die wiederum den beherrschenden Einfluß über ihre Kapitalgesellschaften haben müssen („50+1 Regel“). Soweit die Theorie – aber glaubt irgendwer, dass bei RB Salzburg, LASK, SKN usw. die tatsächliche Kontrolle bei deren einfachen Mitgliedern liegt? Gibt es bei den genannten Klubs überhaupt für jeden Fan die Möglichkeit, Mitglied zu werden, und den Präsidenten zu wählen? Es ist jedoch evident, dass es anders kaum geht! Ohne die „Freunde des LASK“ würde dieser Klub wohl noch in der Regionalliga und sicher nicht in der Europa League spielen. Außer vielleicht SK Rapid und Sturm Graz ist kaum ein Verein in der Lage, seine relevanten Budgetpositionen auch nur ansatzweise durch Mitgliederbeträgen zu finanzieren. Um erfolgreich zu sein bzw. um auf die Erfolgsspur zu gelangen benötigt es aber Geld und Verantwortungsträger, die bereit sind Geld zu investieren und Risiken zu decken. 

Aber glaubt irgendwer, dass bei RB Salzburg, LASK, SKN usw. die tatsächliche Kontrolle bei deren einfachen Mitgliedern liegt? Gibt es bei den genannten Klubs überhaupt für jeden Fan die Möglichkeit, Mitglied zu werden, und den Präsidenten zu wählen?

Raphael Landthaler

Austria Wien hat mit der Präsentation des „strategischen Partners“ Insignia insofern überrascht, als dass keine Anteile an der AG verkauft wurden, sondern eine weitere Vermarktungsgesellschaft gegründet wurde. Markus Kraetschmar hat oftmals betont, dass die geltende 50+1 Regel viele Investoren abgeschreckt hat, und man daher nun eine andere Form des „Investments“ gewählt hat bzw. wählen musste, um die Solvenz des Klubs zu sichern. So wie sich das ganze anhört, erinnert mich der Deal eher mehr an die typischen Agentur-Deals, die „Sport Five“ (bzw. „Lagardere Sports“) mit einigen Klubs insbesondere in Deutschland gemacht hat. Dies ist aber reine Spekulation, und man wird wohl im nächsten Jahr sehen, wie sich diese Partnerschaft entwickelt.

Ohne Zweifel hat Red Bull mit dem Einstieg bei Austria Salzburg im Jahr 2005 den Fußball in Österreich nachhaltig verändert. Sportliche Erfolge einerseits (11-mal Meister, zuletzt 7 mal in Serie), wirtschaftliche Dominanz wie in kaum einem anderen Land andererseits: einen Umsatz (gemeinsam mit dem „unabhängigen Mitgliederverein“ FC Liefering) von 200 Mio. Euro bedeutet mehr als alle anderen Bundesligaklubs (1 & 2. Liga) gemeinsam. Trotzdem rühmt sich die Österreichische Fußball-Bundesliga als ein Land mit 50+1 Regel. Vergessen wird jedoch die finanzielle Unausgeglichenheit zwischen Red Bull und dem Rest, die wirtschaftlichen Probleme vieler Klubs, insbesondere auch der 2. Liga.

Mittlerweile muss man Klubs, die von der Regionalliga in die 2. Liga aufsteigen wollen, mit der Lupe suchen. Neu ist jedoch, dass ein Klub nicht mehr von der 2.Liga in die erste Liga aufsteigen will! Die Unart, dass viele gemeinnützige Vereine Wappen und ihren Namen oftmals ändern, verärgert nicht nur viele Fans, sondern ist ebenso schädlich für das „Produkt Fußball“ – genauso wie die völlige Perspektivlosigkeit vieler Klubs, die nicht über die notwendige Infrastruktur verfügen und auf Investitionen der öffentlichen Hand angewiesen sind. Da ich davon ausgehe, dass sich die öffentliche Hand immer weiter von infrastrukturellen Maßnahmen wie Stadien- bzw. Trainingszentrenbau zurückziehen wird, fehlt das notwenige Kapital für die Weiterentwicklung!

Doch gerade da wäre nun die Chance für eigentümergeführte Fußballklubs! Unternehmerisches langfristiges Denken fehlt vielen Klubs genauso wie potente Geschäftsleute, die sich im Fußball-Business unter ordentlichen Rahmenbedingungen engagieren wollen. Wenn man diese Rahmenbedingungen schafft, die sinnvolle Investitionen ermöglichen und somit Perspektiven anbieten können, dann ist dies eine erstrebenswerte Situation für den österreichischen Fußball. Ich bin der Überzeugung, dass die Chancen auf strukturelle Verbesserungen weitaus höher zu bewerten sind, als die Risiken, die man mit einem vernünftigen Regelwerk durchaus sehr reduzieren könnte. Wie könnten nun solche Rahmenbedingungen aussehen und woraus werden diese abgeleitet?

Das notwendige Regelwerk

So wie es beispielsweise in England oder in Deutschland üblich ist, sollten die Namen und Wappen von Fußballklubs unveränderlich sein. Es handelt sich dabei um schützenswerte historische Kulturgüter, die durch Veränderung einen unwiederbringlichen Schaden erleiden würden, denn die europäische Fankultur legt sehr viel Wert auf Tradition und Werterhalt.

Die Liga sollte – ähnlich wie bei der Lizenzerteilung – ein Zulassungsverfahren für Investoren entwickeln (auch hier gibt es schon Beispiele anderer Ligen). Zunächst einmal ist zu prüfen, wer der Investor überhaupt ist, und woher das investierte Geld stammt. Dieser – ähnlich wie bei Banken längst etablierte „Know your customer“ – Prozess kann nur von einer unabhängigen Instanz bzw. einem unabhängigen Senat überprüft werden und niemals vom Klub selbst. („Jemand, der Durst hat, fragt nicht aus welcher Quelle das Wasser stammt.“). Somit werden schon im ersten Schritt dubiose Investoren mit zweifelhaftem Reichtum ausgesiebt.

So wie es beispielsweise in England oder in Deutschland üblich ist, sollten die Namen und Wappen von Fußballklubs unveränderlich sein. Es handelt sich dabei um schützenswerte historische Kulturgüter.

Raphael Landthaler

Die qualitative Prüfung ist der nächste Schritt: Was will ein Investor/Eigentümer überhaupt, und wie will er dies Erreichen? Mit dieser zweiten Prüfung kann man den (Mehr-)Wert für den österreichischen Fußball evaluieren: Ist jemand an der infrastrukturellen (langfristigen) Weiterentwicklung interessiert, oder nur am kurzfristigen Erfolg? Sieht das Konzept einen Schwerpunkt auf die Ausbildung junger Spieler vor, oder bringt der Investor durch Kaderinvestitionen das finanzielle (Un)gleichgewicht in Bewegung? Hat er ein taugliches Konzept, die notwendigen (legal erworbenen) Mittel, das entsprechende Know-how, und profitiert der österreichische Fußball langfristig davon?

Wenn diese Fragen mit JA beantwortet werden können, dann spricht meiner Sicht nichts gegen einen eigentümergeführten Klub und würde den Status Quo deutlich verbessern.

Eine Abkehr von der 50+1 Regel ist nur dann sinnvoll, wenn gleichzeitig ein Regelwerk für eigentümergeführte Klubs geschaffen wird. Dies ist leicht möglich, da mit dem Lizenzierungsverfahren bereits ein sehr umfassendes Regelwerk vorhanden ist, und das auch die geltende 50+1 Regel umfasst. Gerade dieses Regelwerk zeigt jetzt seine Schwächen: Viele Klubs haben kreative Lösungen zur Umgehung der 50+1 Regel gefunden. Zudem wird zwar auf über 100 Seiten vorgeschrieben, wie viele Medienplätze und Sanitätsräume in einem Stadion sein müssen, aber auf andere Themen wird komplett vergessen, wie beispielsweise den Schutz der Traditionsmarken oder Wappen der Fußballvereine.

Jedenfalls glaube ich, dass sich die Verantwortlichen keinesfalls einer Diskussion verschließen sollten, da hier eine einmalige Chance besteht, den Fußball substantiell auf gesundere, nachhaltige Beine zu stellen, und gleichzeitig die Bedenken vieler besorgter Fans ernst zu nehmen, um das Beste aus beiden Welten zu vereinen: Schutz der Traditionsmarken gepaart mit unternehmerischem Denken, um nachhaltig erfolgreich zu sein. Vielleicht lässt sich auch so der Gap zwischen arm und Red-Bull etwas stabilisieren…

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