Hans Knauß lebt seine Leidenschaft für den Wintersport vielfältig aus und fiebert bei der Nordischen Weltmeisterschaft ebenso mit, wie zuletzt bei den Titelkämpfen der Alpinen. Im Vorfeld von Trondheim spricht das Schladminger Urgestein über seine Beziehung zur Loipe und Schanze, schwärmt über Mika Vermeulen und bricht für Andreas Goldberger eine Lanze. Zudem erzählt der beliebte TV-Moderator von seinem wilden Sprung, seiner angenehmsten Streckenbesichtigung und wagt eine Medaillenprognose.
Hans, vorweg ein letztes Wort zu Saalbach. Welche Leistung hat dich bei der Heim-Weltmeisterschaft am meisten beeindruckt und ist eine Veranstaltung, wie dies, in punkto Organisation und Abwicklung überhaupt noch zu toppen?
Für mich war die Leistung von Raphael Haaser nach seiner Verletzungspause einfach unglaublich. Er ist das zuvor mitunter sehr ungestüm und brachial angegangen, bei der Weltmeisterschaft hat er es dann aber mit unglaublich viel Gefühl gelöst. Er hat den Schwung so geil getroffen, war sehr locker, vor allem im Kopf. Zu topen wird dieses Spektakel nur schwer sein, ich wüsste zumindest nicht wie. Die Kulisse war beeindruckend, das Publikum fantastisch und absolut fair. Die haben bei allen gejubelt, die da runtergefahren sind, die Stimmung war der Hammer. Die Leute haben den Sport gefeiert, es war eine super Ski-Party, im Übrigen ganz ohne Alkoholexzesse.
Auf die Titelkämpfe der Alpinen folgt nun die Nordische Weltmeisterschaft in Trondheim, wie siehst du die Ausgangsposition?
Vor Saalbach haben unsere Athlet_innen im Weltcup ihr Potential nicht ganz ausspielen können, oftmals hat auch das nötige Glück gefehlt. Sie sind als Außenseiter in die Bewerbe rein und haben auch dank einer gewissen Lockerheit voll abgeliefert. In Trondheim ist es umgekehrt, da sind speziell unsere Skispringer_innen aufgrund ihrer anhaltend bärenstarken Leistungen die großen Gejagten. Jeder rechnet mit Medaillen, das erzeugt zwangsläufig einen gewissen Druck, dem sie hoffentlich Stand halten.
Wie sieht dein persönlicher Bezug zur Loipe aus?
Auf der Skipiste fühle ich mich schon noch immer am wohlsten, aber ich habe großen Respekt vor den Leistungen. Besonders imposant ist für mich die Geschichte von Mika Vermeulen, der knapp 300 Höhenmeter über mir sein Haus stehen hat. Die Konsequenz hinter seinem doch sehr ungewöhnlichen Weg und seine Einstellung imponieren mir extrem. Für mich ist Mika aufgrund seiner Geschichte und so wie er das lebt aktuell das größte Vorbild im heimischen Sport – egal ob Sommer oder Winter. Er hat die Chance, dass er da ganz vorne mitmischt, ich würde ihm die Medaille von Herzen gönnen.
Österreich ist traditionell mit großartigen Skispringer_innen gesegnet, sticht für dich jemand besonders hervor?
Gegenwärtig sind das sicherlich Stefan Kraft oder Daniel Tschofenig, aber immer wenn ich ans Skispringen denke, kommt mir schnell einmal Andi Goldberger in den Sinn. Ich war im Weltcup noch ein Nichts, da war der schon der Überflieger schlechthin, ein absoluter Star. Einen ähnlich großen Hype hat eigentlich nur Hermann Maier ausgelöst. Ich habe mich öfters gefragt, wie er das alles aushält und er hatte gewiss auch schwierigere Zeiten. Aber er war ein genialer Sportler und toller Mensch, damals, wie heute.
Wer ist unter den Abfahrer_innen eigentlich der größte Stilist in der Luft?
Da haben wir mit Vincent Kriechmayr einen ganz vorne dabei. Das habe ich mir zuletzt in Saalbach gedacht, wo er wieder super kompakt gesprungen ist. Einfach eine Augenweide.
Bei den Speed-Spezialist_innen gehört ein gewisser Luftstand dazu, kannst du dich noch an deinen wildesten und weitesten Sprung erinnern?
Ja. Das war bei meiner Premiere in Gröden 1995. Im ersten Training war Neuschnee in der Piste, ich war viel zu langsam, hab den dritten Buckel nicht geschafft und mir geschworen, dass mir das nie wieder passiert. Am nächsten Tag bin ich dann bei idealen Pistenverhältnissen mit vollem Karacho auf die Kamelbuckeln hin und so weit über den dritten Buckel drüber gesprungen, dass die Fotografen auf ihren Bildern nur meine Skier und Unterschekel oben hatten. Angeblich waren es 76 Meter. Ich hatte die Hose gestrichen voll, es war schon extrem.
Apropos extrem, du hast die Streif in Kitzbühel im Vorjahr mit einem Audi SQ8 e-tron auf umgekehrtem Weg gemeistert. Wie lautet dein Fazit, was hat dich besonders überrascht?
Beim vollelektrischen Allradantrieb fasziniert mich diese lautlose, aber dafür umso kräftigere Beschleunigung. Den Audi SQ8 e-tron zeichnet zudem seine geniale Fahrdynamik aus, das Lenk- und Kurvenverhalten wurde definitiv optimiert. Kurzum, es war nicht wirklich extrem, sondern die komfortabelste und angenehmste Besichtigung in meiner gesamten Karriere (lacht).
Abschließend: Wie intensiv wirst du die nordische Weltmeisterschaft verfolgen, welche Bewerbe lässt du dir auf keinen Fall entgehen?
Ich habe das Glück, dass es für mich in dieser Zeit etwas ruhiger hergeht. Wenn unsere Sportler_innen um die Medaillen mitfighten kann noch so schönes Wetter sein, da heißt es daheim vorm Fernseher sitzen und Vollgas mitfiebern.
Traust du dir einen Tipp zu – wie viele Medaillen holt Österreich in Trondheim?
Ich sage neun Medaillen, von denen am Ende drei in Gold glänzen.