Hannes Jagerhofer spricht im Exklusiv-Interview mit sportsbusiness.at über die Auswirkungen der Covid19-Pandemie auf die Beach Major Serie, Änderungen am Event-Konzept und ob die neue City-Location von der Not- zur Dauerlösung werden kann.
sportsbusiness.at-Exklusiv – Das Gespräch führte Michael Fiala
sportsbusiness.at: Ein kurzer Blick zurück: Ziehen Sie kurz Bilanz, was 2020 und die Corona-Epidemie für Ihre Beachvolleyball-Aktivitäten bedeutet hat?
Hannes Jagerhofer: Ich habe immer betont: Ein Jahr auf die Bremse zu steigen und am Straßenrand stehen zu bleiben, geht sich aus. Aber ein zweites Jahr wäre katastrophal, weil man den Kontakt zu den Sponsoren, zu den Athleten, zum gesamten Sport verlieren würde. Da wäre man dann schnell in einer Situation, dass man fast wieder bei Null beginnen müsste und das wäre auf dem Niveau, wie wir die Veranstaltung organisiert haben und was das Publikum von uns erwartet, fast unmöglich.
Wie haben sich die Sponsoren und Unterstützer in dieser Zeit verhalten?
Die Sponsoren haben sich unfassbar fair verhalten. Es sind eigentlich fast alle wieder dabei, außer jene, die extreme wirtschaftliche Schwierigkeiten haben wie etwa die Austrian Airlines. Auch Bund, Land und Stadt haben uns die Stange gehalten und die Verträge einfach auf 2021 umgeschrieben.
Ich habe generell bei Sportsponsoren die Stimmung wahrgenommen, dass es beim ersten Lockdown eine große Solidarität gab, im Herbst begann es aber dann ein wenig zu bröckeln, als Unternehmen Sparmaßnahmen durchführen mussten und das Sponsoring dadurch auch oftmals betroffen war …
Diese Stimmung habe ich so nicht wahrgenommen. Die Frage, die sich Sponsoren stellen ist: Was passiert, wenn der Event abgesagt wird. Hier haben wir zum Glück jetzt den Event-Fallschirm der Regierung zugesagt bekommen, der uns absichert im Falle einer Absage. Zudem haben wir viele Sponsoren, die aufgrund der Krise nicht unbedingt leidtragende Branchen waren.
Der Event-Fallschirm der Regierung wurde unter anderem gemeinsam mit Herwig Straka nach monatelangen Verhandlungen zugesagt. Würden wir hier jetzt sitzen und über das Turnier im August sprechen, wenn es diesen Fallschirm nicht geben würde?
Wenn es diesen Fallschirm nicht geben würde, wäre es so wie im Casino und man müsste überlegen, ob man alles auf eine Karte setzt. Wenn es das nicht geben würde, müsste ich spätestens in einem Monat entscheiden, ob das Turnier im August stattfinden kann oder nicht. Das Risiko wäre extrem groß und die Konsequenzen wären aus unternehmerischer Sicht nicht zu verantworten
Aktuell gibt es gerade eine breite öffentliche Diskussion, was künftig im Bereich des Sports und Events erlaubt werden könnte. Die Corona-Zahlen steigen wieder an, was gibt Ihnen Zuversicht, dass alles so wie geplant im August stattfinden kann?
Die Impfung gibt mir große Zuversicht. Wenn es die Amerikaner laut eigenen Angaben schaffen, jeden Impfwilligen bis zum Sommer zu impfen, dann sollte dies bei uns auch in einem gewissen Rahmen möglich sein. Und je mehr Leute ab dem Alter von 65 geimpft sind, desto weniger werden die Intensivstationen hoffentlich belastet sein. Wenn das gelingt, kann man auch besser planen und Events durchführen. Und bei all diesen Überlegungen haben wir noch gar kein Medikament berücksichtigt, das vielleicht einen schweren Verlauf von Covid-Erkrankungen verhindert, es gibt also allen Grund zur Hoffnung.
Die Formel1 ließ zuletzt mit einem Angebot aufhorchen: Bahrain wollte alle aus der Formel1-Bubble gratis impfen. Gibt es derartige Überlegungen auch für das Turnier in Wien?
Es gibt ja derartige Überlegungen auch für Olympia, was aber wieder verworfen wurde, weil es sich nicht ausgeht. Generell wäre aber so eine „Bubble-Impfung“ zum jetzigen Zeitpunkt gegen jeglichen Impfplan und meiner Meinung nach solange es nicht ausreichend Impfstoff für alle gibt nicht zu verantworten
Mit dem Turnier im August kehrt auch die Europameisterschaft erstmals seit 2015 wieder nach Österreich zurück. Wäre der Event ohne Europameisterschaft auch möglich gewesen oder war das eine Voraussetzung?
Wir hätten auf jeden Fall auch ein anderes Format versucht durchzuführen. Aber natürlich hilft es, wenn wir die Europameisterschaft haben. Zudem könnte man eine EM leichter unter Ausschluss der Öffentlichkeit durchführen als ein normales Major-Turnier. Das Interesse in den Medien kann so jedenfalls maximiert werden, selbst wenn keine Zuschauer vor Ort zugelassen sein sollten. Wir haben aktuell gute Beispiele gesehen wie die Ski-WM oder die Nordische Weltmeisterschaft.
Das Turnier hatte 2019 ein Budget von sieben Millionen Euro. Wie stark wird man reduzieren müssen?
Die Dimension auf der Donauinsel hätten wir dieses Jahr nicht stemmen können, weil die Trade Village mit ihren Entertainment-Aspekten und Gastronomieeinheiten aufgrund der aktuellen Covid-Situation zum jetzigen Zeitpunkt nicht planbar und in Folge auch nicht umsetzbar gewesen wäre. Wir haben auf der Donauinsel insgesamt sieben Hektar Fläche bespielt und viele Partner abseits der Turniersponsoren gewinnen können. Die Abwesenheit dieser Partner hätte sich natürlich maßgeblich in unserem Budget niedergeschlagen. Hier am Heumarkt mit dem Intercontinental können wir sehr viel bestehende Infrastruktur nützen. Das reduziert natürlich die Kosten. Die Dimension der Donauinsel hätten wir dieses Jahr nicht gestemmt. Durch den Umzug in die Stadt wurde das Turnier überhaupt erst ermöglicht …
.. und welches Budget ist für dieses Jahr veranschlagt?
Wir werden dieses Jahr bei fünf Millionen Euro liegen, was vor allem am reduzierten Aufbau der Infrastruktur liegt. Zudem muss man bedenken, dass wir auf der Donauinsel extrem hohe Kosten im Bereich Sicherheit, Sanität, etc. hatten, die es dieses Jahr auf diesem Niveau nicht gibt.
Eine der Säulen des großen Erfolgs ist der kostenlose Eintritt. Dieses Jahr werden alle Plätze verkauft. Wird man damit die gleichen Zielgruppen ansprechen wie bisher?
Die Zielgruppen werden sicher die gleichen sein. Vor zwei Jahren haben wir bereits ein Drittel der Plätze verkauft. Der Grund dafür ist, Personen, die außerhalb von Wien anreisen, Planungssicherheit zu geben. Das Pricing der Tickets werden wir so gestalten, dass es sich jeder leisten kann. Wichtig ist zu wissen, dass man ohne Ticket nicht reinkommt. Somit ersparen wir uns in Corona-Zeiten kritische Momente wie ein Gedränge vor dem Eingang.
Wird das Stadion mit den 2.500 Plätzen dennoch voll sein?
Ja, auf jeden Fall. Wir könnten die Plätze vermutlich sechs Mal verkaufen. Der Grund, warum ich mich immer gegen Ticketing gewehrt habe: Wenn man Tickets hat, sieht man sich nur die Spiele an, die einen interessieren. Man hat auch schon in den vergangenen Jahren gesehen, dass jene Sektoren mit verkauften Tickets über größere Zeiträume nicht gefüllt waren. Das war nicht Beachvolleyball für mich.
Wie wird das Prozedere mit den Tickets aussehen?
Es wird zwei Sessions pro Tag geben …
… ähnlich wie beim Tennis Turnier in Wien?
Ja. Wir spielen ja bis um 22 Uhr am Abend..
Kann man schon sagen, wie viel die Tickets kosten werden?
Wir sind jetzt gerade dabei das zu finalisieren. Ich denke, dass wir die Ticketinfos Anfang Mai kommunizieren können. Aber es wird überschaubar und leistbar sein.
Das Stadion wird 2.500 Plätze bieten. Welchen Anteil werden Business-Plätze einnehmen und was kommt in den freien Verkauf?
Wir werden rund 560 Plätze für unsere Sponsoren reservieren, der Rest kommt in den freien Verkauf. Wir haben allerdings zwei Sessions, dh. die rund 1900 Plätze, die in den Verkauf kommen, sind dann 3800 Plätze pro Tag.
Kommen wir noch einmal zum Thema Vermarktung. Ist das Turnier bereits ausvermarktet oder gibt es noch Platz für potenzielle Sponsoren?
Wir haben definitiv noch Platz, um die wenigen Partner, die uns verloren gegangen sind, zu ersetzen.
Welche Stimmung nehmen Sie wahr, wenn Sie mit potenziellen Partnern sprechen?
In Wirklichkeit fehlt vielen Unternehmen der Content. Das heißt, es gibt wenig bis gar nichts, um die eigene Marke zu transportieren. Ich rechne daher mit einer großen Nachfrage, sobald die Ampel auf grün springt. Die Stimmung ist sehr gut, auch kleine Partner sind euphorisch und freuen sich, dass es endlich wieder eine Perspektive gibt.
Die Aktivierung wird eine andere sein als man es bisher gekannt hat, denn das Partner-Village wird es nicht geben ..
Ja, es war ja nicht nur ein Partner-Village, sondern es waren auch viele Nicht-Turnier-Sponsoren, die die Chance genutzt haben, sich unserem Publikum zu präsentieren. Am Centercourt wird es ähnlich sein wie in den vergangenen Jahren, aber das Village rundherum wird natürlich extrem reduziert. Hier wird es eine kleine Gastro geben, mehr nicht. Diesen Familien-Tagesausflug-Charakter wie in den vergangenen Jahren wird es heuer leider nicht geben.
Ich gehe davon aus, dass die Partner seit diesem Jahr auch ganz klare Corona-Klauseln in die Verträge hineinschreiben?
Ja, die gibt es, die sind aus unserer Sicht auch sehr fair formuliert und haben bisher zu keinen Problemen geführt. Wir unterscheiden hier vor allem mit Blick auf die Stadionauslastung: leer, halbvoll oder voll.
Die mediale Coverage wird für die Sponsoren dieses Jahr noch wichtiger als sie in den letzten Jahren schon war. Wo wird man die Beachvolleyball-EM sehen können?
Eine Europameisterschaft ist nach der WM natürlich der zweitwichtigste Event. Jedes Land, das Teilnehmer entsendet, berichtet in TV, Radio und anderen Medien. Mit dem ORF haben wir in Österreich eine breite Übertragung mit einer zugesagten Sendezeit von aktuell 8,5h auf ORF1 gesichert, damit kann man schon richtig Stimmung im Land machen. Sämtliche Mediendeals außerhalb von Österreich liegen leider nicht bei uns, sondern bei Infront und dem europäischen Verband – aber ich bin davon überzeugt, dass sie wissen was sie tun.
Kommen wir zur gesamten Beach-Major Serie. Der Aufbau einer weltweiten Turnierserie war bereits vor Corona nicht gerade die leichteste Übung. Es sind Turniere hinzugekommen, dann wieder welche weggefallen. Mit Mexico hat man vor dem Ausbruch der Pandemie gute Gespräche gehabt. Ist das jetzt alles wieder auf Eis gelegt?
Der aktuelle Stand sieht so aus, dass wir den Fokus auf die Dach-Region legen werden und zudem noch in guten Gesprächen mit zwei, drei anderen Ländern sind. Zu Nord- oder Mittelamerika kann man derzeit überhaupt nichts Konkretes sagen. Die müssen zuerst ihre eigenen Top-Ligen wie NHL, NFL, NBA, etc. in den Griff bekommen, bevor sie sich Gedanken über andere Sportarten machen. Mexico ist sowieso derzeit im Chaos, auch in Europa gibt es einige Länder, die derzeit andere Probleme haben. Wir fokussieren daher ganz klar auf jene Länder, die mit uns bereits gute Erfahrungen gemacht und wo wir sehr gute Beziehungen aufgebaut haben.
Mit welcher zeitlicher Vision kann man daher planen für eine mögliche Erweiterung?
Wenn sich im Herbst die Situation beruhigen sollte, kann man erste Gespräche führen. Dies bedeutet, dass man dann über Turniere im Jahr 2023 sprechen kann, eher nicht für 2022. Immer mit dem Gedanken, dass wir hier ja von einem gewissen Qualitätsstandard sprechen, den wir erfüllen wollen. Wir werden aber natürlich unsere EM in Wien nützen, um vor Ort potenzielle neue Länder von unseren so beeindruckenden Sandkastenspielen zu begeistern und um das Momentum zu steigern.
Wie würden Sie die Delle bezeichnen, die Corona bisher in Bezug auf Ihre Aktivitäten zugefügt hat?
Wir müssen die Auswirkungen von Corona natürlich aus zwei verschiedenen Gesichtspunkten sehen. Das Eine ist unser digitales Geschäft wie checkrobin aber auch sämtliche Aufträge von Kunden in dem Bereich. Um nochmal auf checkrobin zurückzukommen, die Versandplattform für Pakete – da sind die Zahlen wirklich durch die Decke gegangen und Corona hat der Digitalisierung und dem e-Commerce Geschäft einen gewaltigen Boost verliehen. Im Eventbereich gab es leider (wie wir wissen) einen kompletten Stillstand und was natürlich uns und auch viele Kollegen extrem getroffen hat. Wir können ja nicht wie Gastronomie oder Handel „ein bisschen aufsperren“, sondern bei uns gibt es nur „alles oder nichts“.
Jede Krise hat auch eine Chance. Ist das eine Floskel oder was würden Sie hier aus Ihrer Sicht nennen?
Die Chance ist, dass wir reduzieren und uns auf das Wesentliche konzentrieren können. In den vergangenen Jahren wurde es immer mehr, uns sind dann ehrlicherweise auch schon die Ideen ausgegangen. Die erste Frage bei jeder Auftaktpressekonferenz war: was gibt es heuer Neues? Irgendwann hat man ein Niveau erreicht, wo es schwer wird, jedes Jahr eine große Neuerung bekanntzugeben und deshalb sind wir sehr glücklich, dass auf die Frage „Was gibt es heuer Neues?“ wir antworten werden können: dass es uns wieder gibt. Aber auch die innerstädtische Location wird dem Turnier sicherlich einen anderen Spin geben und ich bin schon sehr gespannt über das Resümee, dass wir nach der EM ziehen können.
Sehen Sie das Turnier in einer Zeit nach Corona dann wieder auf der Donauinsel oder weiterhin in der Stadtlocation?
Das kann ich Ihnen nach dem Turnier sagen. Wenn ich merke, dass es „pfeift“, kann es auch innerstädtisch eine Zukunft haben. Einen großen Vorteil sehe ich natürlich in der Manipulation unserer Gäste: Schlechtwetterthemen, die es erfordern das Stadion zu räumen und die erfordern, die Leute vom Veranstaltungsgelände wegzubringen, sind innerstädtisch natürlich viel leichter zu lösen. Von der Donauinsel bekommt man die Leute dann nicht schnell genug weg.
Das heißt, es ist vollkommen offen, ob die Location in der Stadt die Notlösung …
… oder die optimale Lösung ist. Beides ist möglich!