In den kommenden Monaten will der ÖFB einen neuen Präsidenten wählen. sportsbusiness.at hat mit Präsidiumsmitgliedern und potenziellen Kandidaten gesprochen: Was braucht es jetzt und wer steht überhaupt zur Verfügung?
++ sportsbusiness.at exklusiv von Michael Fiala ++
Das Rennen um den nächsten ÖFB-Präsidenten ist eröffnet: Mit den Aussagen von Uniqa-Vorstand und Vienna-Präsident Kurt Svoboda, der eine >> Kandidatur nicht ausschließen möchte, ist der erste interessierte Kandidat in der Öffentlichkeit aufgetaucht.
Bis Juni wollte der Verband eigentlich einen neuen Präsidenten gefunden haben, doch dieser Zeitplan dürfte nicht zu halten sein, wie Interimspräsident Johann Gartner im Gespräch mit sportsbusiness.at (siehe unterhalb) nun erstmals einräumte: „Qualität geht vor Zeit“, so der Niederösterreicher, der gerade im Rahmen einer Österreich-Tour sämtliche Landespräsidenten besucht. Am 24. März trifft sich jedenfalls das ÖFB-Präsidium im Rahmen der beiden Länderspiele in Linz, um den weiteren Fahrplan zu fixieren.
Doch wie soll dieser Fahrplan aussehen? Braucht der ÖFB „einfach“ einen Nachfolger von Gerhard Milletich oder sollte sich auch etwas in der Struktur des Verbandes ändern? Gibt es ein klares Anforderungsprofil, womöglich erstmals eine Ausschreibung für den wohl wichtigsten Fußball-Job Österreichs? Setzt der ÖFB einen transparenten Prozess für das oberste Amt in Fußball-Österreich auf? Und – nicht ganz unwesentlich - wer stünde intern wie extern überhaupt zur Verfügung?
sportsbusiness.at hat dazu Gespräche mit Georg Pangl, Roland Schmid, Michael Krammer, Heinz Palme, Johann Gartner, Gerhard Götschhofer, Josef Geisler, Herbert Hübel, Klaus Mitterdorfer, Wolfgang Bartosch und Philip Thonhauser geführt und dabei jeweils zwei Fragen gestellt:
Frage 1: Braucht der ÖFB „einfach“ nur einen neuen Präsidenten oder muss sich auch in der Struktur bzw. dem gesamten Prozess etwas ändern?
Frage 2: Stehen Sie für das Amt des ÖFB-Präsidenten zur Verfügung?
Frage 1: Braucht der ÖFB „einfach“ nur einen neuen Präsidenten oder muss sich auch in der Struktur bzw. dem gesamten Prozess etwas ändern?
Georg Pangl, Pangl Football Group
"Mit der Erfahrung, die man in den vergangenen Monaten gemacht hat, sollte man die aktuellen Strukturen mit einem externen Berater analysieren. Ich glaube, es gibt vor allem Bedarf, ähnlich wie in der Bundesliga, die operativen Kräfte zu stützen. Zudem bräuchte es eine klare Trennlinie zwischen Breiten- und Spitzensport.
Der neue Präsident sollte jedenfalls eine Person sein, die auf breite Unterstützung bauen kann. Einen, der sich erneut bei zwei Lagern durchsetzen muss, würde wieder scheitern. Es braucht eine Person, die alle Personen des aktuellen Präsidiums hinter sich versammeln und mit den Streithanseln umgehen kann. Ein Typ so wie damals Beppo Mauhart könnte das."
Roland Schmid, Geschäftsführer Immo United
"Mein Standpunkt hat sich nicht verändert, es ist so wie ich es am 1. Februar in einer Aussendung gesagt habe, und mehr möchte ich dazu heute nicht sagen: Es bleibt zu hoffen, dass beim ÖFB schnell Ruhe und Sachlichkeit einkehrt und sportliche Belange wieder in den Vordergrund rücken."
Michael Krammer, Managing Partner Ventocom
"Bevor man entscheidet, wer neuer Präsident wird und den ÖFB künftig führt, muss auf jeden Fall eine große Strukturdebatte stattfinden. Man muss dem Verband eine zeitgemäße Struktur verpassen, ähnlich wie es die Profivereine in den vergangenen Jahren aufgrund der Vorgaben durch das Finanzministerium gemacht haben. Aus meiner Sicht sollte es einen ÖFB geben, bei dem der Verein der Eigentümer der Kapitalgesellschaft ist und aufgrund der Geschäftsordnung die Geschäftsführer das operative Geschäft führen. Das Präsidium soll wie ein Aufsichtsrat agieren und die Strategie vorgeben.
Eine Hybrid-Lösung mit einem bezahlten Präsidenten halte ich für nicht sinnvoll. Man muss den ÖFB als Breitensportorganisation sehen und da haben die Landesverbände auch eine große Verantwortung. Im Rahmen des Präsidiums sollten die Landesverbände strategisch mit einbezogen werden.
Wenn all dies überlegt wurde, kann man sich Gedanken machen, wer neuer ÖFB-Präsident werden könnte. Dieser sollte wirtschaftlich und politisch gut verankert sein.
Es ist übrigens armselig, wie schwach sich der ÖFB vermarktet: Wir haben im Herbst mit der wohl besten Mannschaft der vergangenen Jahre gegen den amtierenden Europameister gespielt, und es waren keine 20.000 im Stadion.
In Summe sehe ich aber den Reformwillen beim ÖFB nicht, es gibt eine geschlossene Funktionärsclique, die sich nicht verändern möchte."
Heinz Palme, sporteo
"Ich denke aus meiner Erfahrung der vielen Jahre beim ÖFB heraus, dass man einen weiteren Schritt in Richtung Professionalisierung setzen könnte. Das Thema eines Aufsichtsrates mit einem geschäftsführenden Präsidenten darunter, der gemeinsam mit den beiden Geschäftsführern den Verband managt, ist sicherlich eine sinnvolle Möglichkeit, über die man diskutieren sollte."
Johann Gartner, Interimspräsident ÖFB
"Ich verstehe alle diese Fragen, bitte aber um Verständnis, dass ich zunächst in der Sitzung am 24. März intern mit meinen Kollegen die nächsten Schritte besprechen möchte. Was ich jedenfalls sagen kann: Qualität geht vor Zeit - ob der nächste Präsident im Juni oder erst im September feststeht, spielt keine wesentliche Rolle."
Gerhard Götschhofer, Präsident Oberösterreichischer Fußballverband
"Es braucht Ruhe und interne Gespräche, mehr ist nicht notwendig. Mehr will ich dazu nicht sagen."
Josef Geisler, Präsident Tiroler Fußballverband
"Grundsätzlich braucht es als neuen Präsidenten einen Vertreter des Verbandes nach außen. Ich habe schon beim letzten Mal die Meinung vertreten, dass uns hier nur eine externe Lösung helfen kann, weil das Präsidium gespalten ist. Bei einer internen Lösung käme der Kandidat dann aus einem der beiden Lager. Wir brauchen einen Präsidenten von außen, der eine wirtschaftliche Denkweise in den ÖFB bringt und vom Alter her auch so ist, dass man endlich von einem Generationswechsel sprechen kann. Die aktuellen Statuten reichen meiner Meinung nach aus: Wir haben zwei Geschäftsführer, die sich gegenseitig vertreten, nur müssen die beiden halt auch zusammenarbeiten können."
Herbert Hübel, Präsident Salzburger Fußballverband
"Wir müssen zunächst intern eine Einheit werden und schauen, dass es keine Gräben gibt und an einem Strang ziehen. Die Eigeninteressen müssen zurückgestellt werden, es muss wieder um den ÖFB gehen. Wenn wir uns alle an der Nase nehmen, können wir dann auch den richtigen Kandidaten finden. Dies soll aber keine Bettelsuche sein.
Ob man die Statuten ändern muss, kann man natürlich immer diskutieren. Aber die Satzungen, die wir haben, reichen meiner Meinung nach aus: Wir haben zwei Vorstände, die das Geschäft zu führen haben, das Präsidium ist eine Art Aufsichtsrat. Wir müssen das nur endlich leben. Um es zu verdeutlichen: Der Präsident kann an sich nicht einmal zwei Kisten Mineralwasser im Namen des ÖFB bestellen. Die beiden Geschäftsführer müssen das Heft des Handelns in die Hand nehmen.
Es ist aber natürlich Unsinn, dass das Präsidium den Teamchef bestellt. Aber wenn das in den Statuten so geschrieben steht, dann muss man sich auch daran halten. Hier kann man sicherlich anpassen.
Ob es einen internen oder externen Kandidaten als ÖFB-Präsidenten geben soll, ist Nebensache. Es geht um die Sache, nicht um die Verpackung. Vielleicht hilft in dieser Phase jedoch eher ein externer Kandidat, das darf aber kein Dogma sein."
Klaus Mitterdorfer, Präsident Kärntner Fußballverband
"Aus meiner Sicht wäre es wichtig, jetzt Geschlossenheit und eine Einheit im Präsidium zu erzielen, im Interesse des Breiten- und Spitzensports. Man muss endlich Befindlichkeiten hinten anstellen und sich bewusst werden, für was wir stehen. Da haben wir zuletzt kein optimales Bild abgegeben.
Ziel muss es sein, bestmöglich eine Person zu finden, die eine größtmögliche Einheit herstellen kann. Ob das eine interne oder externe Person ist, ist zweitrangig. Man kann natürlich auch darüber diskutieren, ob der Präsident ehrenamtlich ist oder nicht. Aber grundsätzlich wird man auf das Ehrenamt künftig nicht verzichten können. Wir haben zwei Geschäftsführer, die den ganzen operativen Teil leiten. Es wird glaube ich wenig ändern, ob der Präsident bezahlt wird oder nicht. Wir müssen jetzt schauen, dass wir mit den bestehenden Statuten etwas Vernünftiges auf die Beine zu stellen."
Wolfgang Bartosch, Präsident steirischer Fußballverband
"Wir müssen jetzt zunächst am 24. März im Rahmen der Präsidiumssitzung einen Fahrplan festlegen. Konsens ist, dass Johann Gartner eine gewisse Zeit, aber nicht bis 2025, als Interimspräsident den Verband führt. Wenn Sie mich fragen, reicht die aktuelle Struktur bzw. die aktuellen Satzungen aus, um auch in Zukunft den Verband zu führen. Man müsste dieses Amt nur entsprechend eines Aufsichtsrates ausführen. Von einer Lösung mit einem geschäftsführenden Präsidenten bin ich nicht überzeugt. Natürlich kann man über gewisse Inhalte bei den Satzungen reden – Stichwort Teamchefbestellung.
Man sollte sich dann auch relativ bald Gedanken machen, ob ein interner Kandidat in Frage kommt. Ich halte es für vorstellbar, dass ein interner Kandidat den ÖFB führen kann. Es ist aber auch ein externer Kandidat möglich."
Philipp Thonhauser, Aufsichtsratsvorsitzender Bundesliga
"Es braucht aus meiner Sicht zunächst ein klares Anforderungsprofil in Verbindung mit einem neuen Setup, was die Compliance-Richtlinien betrifft. Das ist sicher ein Lerneffekt aus den vergangenen Monaten. Man muss von vornherein ganz klar sagen, wie die Spielregeln im Bereich Compliance aussehen: Was ist erlaubt und was nicht. Hätte Milletich von Anfang an diese Regeln gehabt, wäre es gar nicht so weit gekommen. So ist am Ende die Moralfrage übergeblieben und ich betone es immer wieder: Bei Moralfragen gibt es immer viele Blickwinkel und Sichtweisen, die Grund für Streitereien sein können.
Ich habe auch immer klar kommuniziert, dass es aus meiner Sicht einen professionellen 3er-Vorstand bräuchte, der den ÖFB führt. Ich akzeptiere aber auch, dass das beim ÖFB aktuell nicht so ist und ich habe natürlich auch mitbekommen, dass das aktuelle Setting in früheren Zeiten auch funktioniert hat.
Es ist schwer zu beurteilen aus heutiger Sicht, ob es einen internen oder externen Kandidaten geben soll. Ich verweise dabei noch einmal darauf, dass man vorher die Spielregeln – Stichwort Compliance – genau klären muss. Wenn das geklärt ist, wird sich auch der Graben wieder schließen, den es aktuell gibt, weil es dann keine moralischen Diskussionen mehr gibt. Es ist dann keine Frage mehr ob interner oder externer Kandidat, sondern ob man diese Spielregeln einhalten kann oder nicht."