Die ATP und die WTA haben laut einem Bericht von The Athletic einen gemeinsamen Vorschlag vorgelegt, der auf tiefgreifende Reformen im professionellen Tennis abzielt. Im Zentrum steht die Idee einer „kommerziellen Aggregation“, bei der die kommerziellen Rechte der beiden Touren sowie der vier Grand-Slam-Turniere gebündelt werden sollen.
ATP-Vorsitzender Andrea Gaudenzi und WTA-CEO Steve Simon präsentierten ein 23-seitiges Konzeptpapier, das unter anderem die fragmentierte Organisation des Tennissports, die uneinheitliche Saisonstruktur und die unzureichende finanzielle Unterstützung vieler Spieler adressiert. Ihre Lösung: Die Gründung eines gemeinsamen Unternehmens namens „Tennis Ventures“, das die internationalen Medienrechte sowie Daten- und Streamingrechte zentral vermarkten soll. Nationale Medienrechte würden weiterhin von den Grand Slams selbst verwaltet.
Das Modell sieht vor, die Einnahmen gerechter zu verteilen und die Spieler durch ein Gewinnbeteiligungsmodell stärker am wirtschaftlichen Erfolg zu beteiligen – ähnlich wie in der NFL, NBA oder MLB, wo bis zu 50 Prozent der Einnahmen an Athleten fließen. Aktuell liegt dieser Anteil im Tennis bei den Grand Slams bei lediglich 15 bis 20 Prozent.
Im Rahmen der geplanten Strukturreform soll ein neuer Vorstand eingesetzt werden, dem Vertreter der Grand Slams, der ATP- und WTA-1000- sowie der 500er- und 250er-Turniere angehören. Die Spieler würden mit sechs Sitzen (je drei für ATP und WTA) beteiligt, geleitet von einem unabhängigen Vorsitzenden.
Ein überarbeiteter Turnierkalender sieht vier Grand Slams, zehn ATP- und zehn WTA-1000-Turniere sowie eine Reihe von 500er-Events vor. Ein neues ATP-1000-Turnier im Februar ist ebenso vorgesehen wie parallele 500er-Wochen. Zudem ist die Reduktion von 250er-Turnieren durch Rückkäufe geplant.
Die Grand Slams, die mehr als die Hälfte der geschätzten jährlichen Tennis-Einnahmen von über 2,2 Milliarden US-Dollar generieren, sollen laut dem Vorschlag nur drei Sitze im Vorstand erhalten – ein Punkt, der bei den Turnierveranstaltern offenbar auf Kritik stößt. Zwar teilen sie die Reformbedürfnisse, wünschen sich aber stärkeren Einfluss und fordern ein Premiumprodukt mit weniger Turnieren und längerer Off-Season.
Der Vorschlag kommt in einer Phase erhöhter Spannungen innerhalb des Tennissports: Die von Novak Djokovic mitbegründete Professional Tennis Players Association (PTPA) hatte im März rechtliche Schritte gegen die bestehenden Verbände eingeleitet. Ziel ist es, die Position der Spieler gegenüber den großen Organisationen zu stärken.
ATP und WTA betonen, dass ihr Modell ein nachhaltiges Ökosystem schaffen soll, in dem die Spieler nicht nur Transparenz über Einnahmen erhalten, sondern auch als „engagierte Partner“ an der Entwicklung des Sports mitwirken können.