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Hut ab vor allen Europacup-Spitzenleistungen [Exklusiv]

(c) Tom Seiss

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Österreichs Herrenfußballmeister Red Bull Salzburg hat es bis ins Achtelfinale der Champions League geschafft. Frauenteams haben das ebenfalls erreicht, es wird nur weniger drüber gesprochen.

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Was sich ändern muss, damit die Spitzenleistungen beider Geschlechter entsprechend gewürdigt werden und wie nächste Schritte aussehen sollen, um mehr Professionalität im Frauenfußball zu ermöglichen, darüber hat Wilfried Schmaus von den SKN St. Pölten Frauen mit sportsbusiness.at gesprochen.

Vorneweg: Es ist eine tolle sportliche Leistung, sich in der europäischen Spitze zu beweisen, egal ob es sich um ein Herrenfußballteam von Red Bull Salzburg oder Frauenfußballteams vom SV Neulengbach oder zuletzt dem SKN St. Pölten handelt. Medial präsenter ist der Herrenkick – aber warum eigentlich?

In den letzten Jahren sind die SKN St. Pölten Frauen das Spitzenteam Österreichs geworden. Und obwohl die Planet Pure Frauenbundesliga keine Profiliga ist, eine Pandemie die Welt in Atem hält, konnten die Niederösterreicherinnen zuletzt auch in Europa massiv aufzeigen. „Sogar während Corona schafften wir es unter die letzten 16 in der Champions League“, sagt Wilfried Schmaus, Präsident der SKN St. Pölten Frauen.

Eine logische Konsequenz einer Wachablöse in den letzten Jahren. Regierte von 2003 bis 2014 der SV Neulengbach in Fußballösterreich, sind es seitdem die St. Pöltnerinnen. Den Nachbarinnen gelang sogar ein Viertelfinale, in der Saison 2013/14. So bekannt ist diese Leistung gar nicht, medial im Vordergrund stehen das Nationalteam, die Legionärinnen und – auf europäischer Ebene – die Erfolge im Herrenfußball. „Ich will jetzt die Leistungen von Red Bull Salzburg nicht schmälern – aber warum wird das nicht gleicher behandelt?“, stellt er eine Frage in den Raum, die gestellt werden muss. Man braucht sich nicht mit der Geschichte aufhalten, punkto Finanzen kann der heimisch Frauenkick schon einmal nicht mit den Herren mithalten. Dass der Frauenfußball in Österreich nicht ein so entsprechendes Standing genießt, liegt aber nicht nur an der Geschichte, sondern einem durchaus komplexen Geflecht an Umständen.

Ein Beispiel: Der große Erfolg des Champions League-Achtelfinales führte zu einem Minus in der Kassa, nicht nur, aber auch wegen der Pandemie. Der SKN mit seinen 19 Angestellten, kann eine Benchmark sein – aber ohne Professionalisierung kommt im 21. Jahrhundert kein Erfolg.

Bewusstsein schaffen

„Wer weiß was über den Frauenfußball in Österreich, außer dem Nationalteam?“, stellt Schmaus eine weitere Frage. Man rede so gut wie nie über die zehn Ligavereine bzw. die zweite Bundesliga. „Wenn Sie heute zum ÖFB gehen, dann werden Ihnen wohl die wenigsten Funktionäre alle zehn Bundesligisten aufzählen können“, lautet seine Vermutung. Die Legionärinnen, die im Nationalteam kicken, spielen bei Bayern, Arsenal und Co., hierzulande stagniert die Anzahl der aktiven Kickerinnen hingegen bei etwas über 20.000 – weit mehr als zehn Mal weniger als bei den Herren. Bis die Kids 14 sind, können Burschen und Mädchen gemeinsam kicken, dann müssen die Mädchen oft weiter weg vom Heimatverein, nicht wenige hören auf. Wer wechselt, landet mit 15 im Erwachsenenfußball. „Es muss endlich mehr Breite her“, meint Schmaus. Aber wie?

Wer weiß was über den Frauenfußball in Österreich?Wenn Sie heute zum ÖFB gehen, dann werden ihnen wohl die wenigsten Funktionäre alle zehn Bundesligisten aufzählen können.

Wilfried Schmaus

Können die SKN-Frauen ein Vorbild sein? Wie schafft es der Topklub? Schließlich mussten sich vor Jahren die Spielerinnen sogar ihre Dressen selber kaufen. Es braucht mit eine Portion Geld, gar nicht so sehr für den Kader. Wichtig sei, neben einem professionellem Trainerteam, schon alleine einfach jemand, der oder die sich unter Tags um die Belange des Vereins kümmert. „Wenn ein interessierter Sponsor irgendwo sich meldet und die Geschäftsstellenleitung ruft aufgrund des eigenen Jobs erst am Abend zurück und kann erst ab 17, 18, 19 Uhr zu Terminen gehen – da ist es schwierig, einen Sponsor von sich zu überzeugen“, erzählt Schmaus aus der Praxis. Gebe es hier bei jedem Klub eine Geschäftsstellenleitung, dann stärke das aus seiner Sicht nicht nur die ersten Teams, sondern in weiterer Folge den ganzen Verein. Wenn irgendwann jeder wen kennt, die im Verein kickt, dann steigt das Bewusstsein insgesamt.

Wo aber soll das Geld herkommen? Vielleicht durch einen Solidaritätsbeitrag aus dem Fußballbund oder aus den diversesten, in Österreich oftmals prall gefüllten, Gemeinde-, Landes- und Bundesförderungen? „Hauptamtliche Manager und Trainer wären der erste Schritt. Das wäre einmal eine gute Basis. Das Ehrenamt ist super, es gibt Aufwandsentschädigungen, aber es braucht eben noch mehr. Wir reden von Spitzensport, betreiben es aber quasi als Hobby“, meint Schmaus. Ein Blick über die Grenze zeigt: In Deutschland bekamen die Vereine zweckgebunden aus den Pools Namenssponsor und TV-Geld eine Summe, um genau diese Stellen zu besetzen. Kostenpunkt in Österreich: 1 Million Euro. Aber: Da gebe es eben Förderungen. Einerseits würden diese 20 neuen Arbeitsplätze zur Gleichstellung von Frauen in der Gesellschaft beitragen, andererseits können Förderungen vom Arbeitsmarktservice beantragt werden.

Professionalisierung

Natürlich darf man hierbei nicht aufhören, nach dieser Anschubfinanzierung. Der SKN ist ein gutes Beispiel. Schmaus erinnert daran, dass das Budget vor zwölf Jahren, als er zum damaligen Drittligisten kam, genau null Euro betrug. Man könne sich aber nicht darauf verlassen, dass es bei jedem Verein jemanden gebe, der das aufbaut. Schließlich sei das im öffentlichen Interesse, immerhin wird durch die Stagnation in der Breite ein großer Anteil an jugendlichen Mädchen entweder ab 14 vom Fußballspielen ausgeschlossen, weil es viel zu wenig Vereine gibt, oder sie müssen quasi sofort in den Erwachsenenfußball. Das macht nicht jedem Spaß.

Das Ehrenamt ist super, aber es braucht noch mehr. Wir reden von Spitzensport, betreiben es aber quasi als Hobby.

Wilfried Schmaus

Zur Erinnerung: Im Herrenfußball gibt es U15, U17, U19, vielerorts auch eine U21 oder eine U23. Ohne Breite eben keine Spitze, die Rechnung ist einfach: Mehr Vereinsmitglieder bedeuten mehr Beiträge, mehr Menschen kennen die Klubs, Sponsoren sind interessierter, mehr Geld kann zu besseren Trainingsbedingungen führen und so weiter. Das ist das, was beim SKN St. Pölten entstanden ist, was aber wiederum mit Privatinitiative zusammenhänge.

Auch die Medien sind gefragt

Wilfried Schmaus nimmt in diesem Zusammenhang auch die Medien in die Pflicht. In österreichweiten und lokal erscheinenden Zeitungen werde Gossip der Herrenkicker breit getreten oder Woche für Woche 2. Klasse-Herren-Vereine vorgestellt. Er wiederum kenne viele Leute, die gar nicht wüssten, dass es hierzulande überhaupt eine Frauenbundesliga gibt. Mittlerweile kann man den Ligakickerinnen aber via TV auf die Beine schauen. Dass der ORF nun Bewegtbild zumindest via Sport+ in die Wohnzimmer bringt, hat da schon sehr geholfen. Dem Spartensender „bringt“ es auch viel: Ligaspiele hätten Einschaltquoten von bis zu 30.000, die Champions League-Spiele brachten bis zu hunderttausend Menschen vor die TV-Geräte. „Und das ist schon sehr hilfreich“, meint er. Mit den so gestiegenen Werbewerten täte man sich gegenüber Sponsoren mittlerweile viel leichter.

Summa summarum: Die Leistungen der Frauen sind da, es braucht für mehr Spitze und Breite einfach Förderung und Öffentlichkeit. Es zahlt sich aus, schließlich sollen nicht auf Dauer Mädchen und Frauen von diesem wundervollen Spiel ausgeschlossen werden, weil es zu wenig Vereine gibt.

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